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Tessin Herbst 2017

unterwegs

Tessin Herbst 2017

Kann man den goldenen Herbst versilbern?
Ist Lustwandeln im Laub lustig?
Und: Hängen die Wolken im Herbst tiefer?

Die zweite Oktoberwoche lächelte uns via Wetter-App strahlend entgegen; konstante 20 Grad waren vorausgesagt. Warum also nicht mal wieder Ferien in der Sonnenstube der Schweiz machen und über die Alpen ins Tessin (oder heisst es in den Tessin) fahren.

Via San Bernadino, wo wir einen kleinen See, den Lago Dosso, entdeckt haben sind wir talabwärts an den Lago Maggiore gestottert. Nicht dass unser VW California Atemprobleme gehabt hätte, nein – vor Locarno, in einem tristen Industriegebiet mit auffallend vielen Luxus-Autohäusern beginnt das Nadelör: Einspurig, baustellig und langsam quält sich der Verkehrsmoloch Richtung Locarno/Ascona – notabene an einem Montag gegen 15.00 Uhr, also Nebensaison mit Werktagsbonus. Der Kanton Tessin scheint hier vom stetig zunehmenden Tourismus und Verkehr überrollt worden zu sein… Agglomerations-Orte sind zu meiden, können aber oftmals nicht umfahren werden. Darum hier schon mal der erste Tipp: auf den Zug umsteigen. Aber das kann teuer werden. Denn wie uns diverse Hotelportale melden sind die Preise für Übernachtungen im Raum Locarno/Ascona exorbitant hoch – wir konnten jedenfalls keine vernünftige Loge unter CHF 150.- pro Nacht finden. Und ein Hotel im Maggia-Tal kann schnell einmal CHF 280.- kosten (Wohlgemerkt im Herbst/in der Nebensaison). Wir waren darum froh, im VW California zu übernachten, auch wenn wir beim Auschecken jeweils zur Salzsäule erstarrt sind; 46 Mäuse für einen durchschnittlichen Platz an der Maggia – naher Strassenlärm inklusive! Oder CHF 56.- für einen Platz am Lago Maggiore. Uff. Und für alle, die dann mal Sommerferien in der Südschweiz planen, können grad jetzt mit sparen beginnen. Dann kostet ein Stellplatz am Seeufer pro Nacht sage und schreibe 106 Schweizer Franken pro Nacht – den Lärm von der nahen Autobahn gibts gratis dazu. Willkommen im Hochpreis-Land Schweiz. Überhaupt ist es rund um Locarno überall laut, da die Täler eng sind und es nie weit zur Strasse ist. Campen in der Region Locarno/Ascona ist also nur unter erschwerten Bedingungen möglich – wild campen geht gar nicht – da verstehen die Ticinesi keinen Spass. Irgendwie kann man das aber auch verstehen bei den vielen Touristen. Unser erster Eindruck vom Tessin Ausgabe 2017: laut, teuer, eng. Warum in die Ferne schweifen, das Gute liegt so nah. Naja. Hier stimmt das nur bedingt. Soweit so gut.

Lässt man aber die eingangs beschriebenen Unwägbarkeiten weg, zeigt sich die Region mit ihren vielen Tälern von ihrer schönsten Seite und der Besuch Derselben in der Nebensaison verspricht die gewünschte Ruhe. Keine 15 Minuten von Locarno entfernt lösen sich die Verkehrsströme in nichts auf und die Fahrt durch die meist engen Täler wird zum erhofften Genuss.

 

Wer durch sich durch das Maggia-Tal hindurchschlängelt hat zwei zauberhafte Alternativen vor sich; das wilde Bavonatal mit dem verträumten Dorf San Carlo und dem imposanten Wasserfall in Foroglio oder fast am Ende des Maggia-Tals das Dorf Mogno mit einem der ersten Bauwerke des Tessiner Architekten Mario Botta – der Kirche von Mogno. Beide Täler laden zum Verweilen am Wasser, auf den Weiden oder zum Wandern ein. Ja, der goldene Herbst lässt sich hier versilbern und genau diese Landschaften entschädigen uns für den eingangs erwähnen Erfahrungen. Mitte Oktober in den Tessiner Tälern bei über 20 Grad im T-Shirt Teil dieser Natur zu sein – wunderbar!

Den Sonnenuntergang haben wir dann in Tenero genossen und ansschliessend im Bus ein Menu aus dem Buch «Zwei Pfannen on the Road» (Die einfachste Veggie-Küche der Welt von Iwan Hediger/Yves Seeholzer; sehr zu empfehlen) gekocht; Ein asiatisches Curry mit Basmati-Reis. Lecker. Und ja: Wir haben im Hotel California natürlich eine kleine Bibliothek, die je nach Reise bestückt wird.

Schon mal was von Rasa gehört? Hat jedenfalls nichts mit Jamaica zu tun. Rasa ist ein kleines, autofreies Dorf im Centovalli, welches sich nur mit einer Seilbahn erreichen lässt. Und ja: Rasa muss man besuchen! Sehr ruhig, sehr unaufgeregt – natürlich mit einer Kirche und einem Grotto und viel Raum zum Seele baumeln lassen, fotografieren, skizzieren, plaudern, abtauchen… Und der zweite Eindruck wird bestätigt: Die Dörfer im Kanton Tessin abseits der Ballungszentren sind im Herbst angenehm unterbevölkert und laden zum Besuch ein…

Uns zieht es weiter an den Lago di Lugano. Einer Krone gleich trohnt Carona hoch über dem See von Lugano – der Blick ist atemberaubend und zu unserer Überraschung finden wir in Carona eine Open-Air-Fotoausstellung mit tollen Bildern, die im ganzen Dorf verteilt sind, vor.

In Vico Morcote biegen wir auf die Alpe Vicania ab und wähnen uns in einer anderen klimatischen Region; viele Birken und Eichen schmücken diesen Flecken auf dem Bergrücken. Hier lässt es sich wunderbar verweilen und das (einzige) Restaurant verzaubert uns mit an diesem Ort unerwarteter kulinarischer Kompetenz. Ein Geheimtipp! Via Meride – einem der schönsten Dörfer des Mendrisiotto geht es gemütlich und ohne Stau zurück nach Zürich…

Chris unterwegs

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