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Kroatien 2019

unterwegs

Kroatien 2019

Teil 1: Alpenquerung

Messner Mountain Museum, Kronplatz

Es gibt viele Wege nach Rom – und noch ein paar mehr nach Kroatien. Kroatinnen und Kroaten fahren via München, Salzburg, Villach, Lubljana nach Zagreb und dann weiter wohin auch immer. Dann kann man natürlich auch über den Gotthard via Mailand, Triest anreisen. Wir haben uns für die etwas ausgedehntere Variante entschieden. Dies aus zwei Gründen: Wir haben für unsere Reise in den Balken ganze fünf Wochen Zeit und: Wir wollten schon immer mal das Messner Mountain Museum auf dem Kronplatz im Südtirol sehen. Doch alles der Reihe nach. Ganz gemütlich sind wir mit unserem VW California über den Arlberg nach Innsbruck gegondelt, wo Zara Hadid einerseits die Olympia-Schanze wie auch die Hungerbergbahn-Stationen gebaut hat. Kleiner Exkurs: 1976 an den olympischen Winterspielen hat Franz Klammer im Goldanzug Olympia-Gold geholt, aber das ist natürlich eine andere Geschichte. Nur soviel: Damals sind wir noch um 12.00 Uhr von der Schule nach Hause gerannt, um die Skirennen live mitzuerleben. Einen anderen Helden sportlicher Natur gibts im Südtirol – Gustav Thöni und genau in diese Region sind wird dann tags darauf gefahren. Teile des Südtirols sind sozusagen das Biel Italiens; alle Orts- und Strassennamen sind zweisprachig gekennzeichnet, was für das Navi ab und zu eine Herausforderung ist. Trotzdem: Von Bruneck aus gehts mit der Gondelbahn (nicht ganz günstig, obwohl Nebensaison) hinauf in den Kronplatz. Klingt eigentlich besser als es ist. Zirka 3-4 Seilbahnstationen enden dort, garniert mit 3-4 Restaurants. Der Kronplatz rüstet sich grad für den Winter, es fühlt sich allerdings so an wie das Openair St. Gallen nach drei Tag Regen. Die Wiese ist mit dicken Traktorspuren durchpflügt. Egal. Wir sind genau aus einem Grund hier: Das MMM von Zara Hadid gebaut für Reinhold Messner. Und ja: Beindruckend wie das Gebäude in den Fels hineingebaut ist und obwohl wir mit Bergsteigen nicht so viel am Hut haben, lassen wir uns von der Faszination dafür anstecken. Eine ganz spezielle Stimmung herrscht im Inneren des Gebäudes. Nach einem feinen Kaiserschmarren gehts hinunter ins Tal und wir landen schliesslich an einem Hotspot für Kletterer und Biker – direkt am Toblacher-See in den Dolomiten – traumhaft!

Die Alpenquerung ist fast geschafft, noch liegen aber 70 Kilometer bis zum Tagliamento vor uns. Umgeben von den Dolimiten passieren wir die wohl berühmtesten Gipfel des Südtirols- die „Drei Zinnen“ – und schlängeln uns durch beeindruckende Tal- und Berglandschaften Richtung Süden – atemberaubend schön und unbedingt nachmachen! – bis wir schliesslich beim Tagliamento – dem einzigen europäschen Fluss, dessen Flussbett nicht korrigiert ist, und der sich darum jeden Tag verändern kann – ankommen. Sein Motto: Breit, viel Kies und ich mache was ich will. Mitten in einer Apfelplantage gibts ein frisch gekochtes Erdbeer-Porridge und eine kleines Nickerchen, bevor wir in Gemona in einen absolut unaufgeregten Campingplatz landen, im Herzen der Region Friaul. Noch trennen uns ca. 150 Kilomter von der Adria. Ein erstes Ziel haben wir bereits erreicht: langsam reisen und auf einer unkonventionellen Route die Alpen überqueren.

Teil 2: Istrien
Die 150 Kilometer bis ans Meer sind kurz erzählt: Auf der Autobahn gehts via Triest direkt nach Slovenien. Und wie beim Grenzübergang in Lugano ist auch hier etwas übergross angeschrieben: die Vignettenpflicht. Obwohl wir nur ca. 10 Kilometer auf der slovenischen Autobahn bis nach Izola unterwegs sind , investieren wir die Euro 15 in das Abziehbildchen. Unsere Windschutzscheibe sieht mittlerweile wie ein Panini-Album aus den 70er-Jahren. Pickerl aus Österreich, Vignette aus der Schweiz und eben jetzt aus Slovenien, Umweltmarke für Deutschland und natürlich auch für Frankreich. Alles schön bunt und ordnungsgemäss. Aber: Wir kommen in Izola an – einem kleinen, pitoresken Küstenstädtchen, wo wir zum ersten Mal barfuss in die Adria steigen. Juhui! Für Meersüchtige wie uns genau die richtige Dosis! Slovenien verfügt über gefühlte 50 Kilometer Meerküste, welche zwischen Italien und Kroatien liegt. Dieser Abschnitt war lange Jahre ein Streitobjekt und die Inhaber der Länderrechte haben mehrfach gewechselt. Kurz und bündig: An diesem Küstenabschnitt liegen zwei, drei Überraschungen bereit. Die grösste: Piran. Ein autofreies, oder zumindest fast autofreies Städtchen mit einem grossen Platz und einer tollen Athmosphäre – wenig Touristen-Schnickschnack oder teure Läden, viele Bademöglichkeiten direkt vor den Cafés und Restaurants, entspannte Menschen am Meer. Wir warten die „Blaue Stunde“ für ein Foto von Piran ab und vergessen fast ganz, dass unser Magen knurrt. Nachdem das Bild im Kasten ist, müssen wir darum etwas länger auf unseren Fisch warten.

Von Piran ist es nicht mehr weit nach Umag, der ersten Küstenstadt auf kroatischem Boden. Hier bleiben wir zwei Tage, um die Adria nun auch in vollen Zügen zu geniessen. Umag bietet – was aussergewöhnlich ist, sogar eine Bucht mit sandigem Untergrund – im Gegensatz zu den meisten Stränden in Kroatien, die mit Felsen und Kies garniert sind. Unser Plan: Von Umag via Porec nach Rovinj und dann durchs Landesinnere an die Ostküste von Istrien an die Kvarner Bucht.
Porec wird als Topziel geführt und verfügt über eine der ältesten Kirchen des Christentums – den Euphrasius-Komplex (natürlich UNESCO-Welterbe). Die Stadt ist leider sehr vom Tourismus geprägt. Vielleicht lag es auch an den sehr hohen Temperaturen und den unzähligen Souvenier-Shops, dass wir diese Stadt nach gut zwei Stunden wieder verlassen haben. Bei Porec werden wir wohl künftig immer noch an den Haferbrei denken. Dann also weiter nach Rovinj. Leider ist unsere Theorie, dass im September alle Zeltplätze leer sind (wild Campen kostet in Kroatien übrigens Euro 450.-) völlig falsch. Rund um Rovinj ist alles voll und ziemlich dicht. Wir hören einmal mehr auf unseren Cali-Bauch und landen schliesslich an einem ganz kleinen und feinen Camping-Platz (Val Vidal): sehr idylisch und vor allem sehr ruhig. Leider brennt die Sonne immer noch mit über 32 Grad und es ist nur noch ein teilweise schattiger Platz zu haben. Wir haben trotzdem zugeschlagen und es nicht bereut – die Nacht war kühler als andere. Einmal mehr schätzen wir das Konzept unseres Campingbusses, welcher sich im Nu zu einem Zelt umfunktionieren lässt. So bleibt es trotz Tropennächten einigermassen luftig. Wer war noch nie in Rovinj? Wir zum Beispiel. Um es vorwegzunehmen: Der Besuch hat sich gelohnt. Rovinj ist wie ein Wasserschloss gebaut – die Häuser reichen bis ans Ufer der Adria. Zwischen den Häusern gibt es immer wieder Baulücken, die mit Cafés, Bars und Restaurants bestückt sind. Und dazwischen unzählige, kleine Badeplätze. Ein bisschen Venedig auf der anderen Seite der Adria. Auch die Altstadt von Rovinj hat durchaus Charme und die Sonnenuntergänge sollen magisch sein – wir waren leider zur Mittagszeit da und haben stattdessen einen frischgepressten Orangensaft getrunken. Übrigens: Dieser Ort wird als Mekka für Verliebte und als Pilgerstädte für Romantiker gepriesen. Ohlala…

Wir fahren weiter durchs Landesinnere auf der Autobahn, die bei den Kroaten den Übernamen „Y“ hat, da sie einerseits in den Süden nach Pula, der grössten Stadt in der Region und andererseits die Städte Umag/Porec/Rovinj mit der Ostküste bis nach Rijeka verbindet. Unser Ziel: Mosenicka Draga (Übrigens muss ich mich bei allen kroatisch sprechenden LeserInnen entschuldigen – ich lasse der Einfachheit halber alle Sonderzeichen weg und zum Teil konnte ich diese auf der Tastatur gar nicht ausfindig machen…). Von der Autobahn geht es steil bergab an die Küste. Uns bietet sich ein ganz neues Bild: viele alte Villen, zum Teil aus der Jahrhundertwende, Palmen, Feigenbäume und Buchten mit glasklarem Wasser. Da wir an einem Sonntag ankommen, ist der Strand sehr gut besetzt, viele KroatInnen geniessen das Meer vor ihrer Haustür. Wir halten unsere Vorgaben auch heute ein: Mindestens einmal pro Tag ins Meer hüpfen. Seit zwei Tagen hat allerdings unser VW-Bus etwas Schnupfen. Ob ihm wohl der slovenische Diesel nicht so gut bekommen ist? Jedenfalls leuchtet eine gelbe Warnlampe (Abgassystem gestört). Nachdem wir im Internet das kroatische Wort für „Nutzfahrzeuge“ gefunden haben, finden wir auf der Route nach KrK eine VW-Fachwerkstatt. Ein netter Werkstattchef empfängt uns. Aber wie so oft: Nachdem wir dem Mechaniker das Problem zeigen wollen, ist die Warnlampe nicht mehr aktiv. Nach kurzer Beratung entscheiden wir uns, weiterzufahren. Der California hat es sich noch einmal überlegt und lässt uns nicht im Stich. Wir nehmen Kurs auf Krk (und das ist jetzt kein Rechtschreibfehler), die erste Insel auf unserer Balkanreise…

Teil 3: Küste, Kies und Krk
Wir wollten auf unserer Reise vor allem viel Meer haben und damit kann Kroatien punkten: mehr Küste, mehr Inseln. Rund 1’800 Kilometer Küste gehören zum Land, zählt man die rund 1’200 Inseln dazu (von denen nur cirka fünf Prozent bewohnt sind) kommt man sogar auf 6’000 Kilometer Küste – ein Paradies für SeglerInnen und Meersüchtige. Wir haben uns zum Start unserer Inseltour die Insel
Krk vorgenommen, notabene die grösste Insel Kroatiens. Im Sommer scheint es hier ausreichend Touristen zu haben – Krk verfügt sogar über einen eigenen Flughafen für Passagier-Jets. Jetzt im September ist es angenehm entspannt. Direkt am Meer geniessen wir drei Badetage und machen einen Abstecher in das Städtchen Krk, welches uns mit seiner Uferpromenade und seiner schmucken Altstadt überrascht. Direkt neben dem Kastell gibt es übrigens eine äusserst schöne Bar direkt am Ufer, unter freiem Himmel, mit Fackeln beleuchtet und Kissen zum Sitzen auf den Felsblöcken… Nachdem der Name der Insel „Krk“ ja schon eine phonetische Herausforderung ist, fahren wir auf dem Rückweg durch die Ortschaft „Vrh“. Überhaupt scheint es im Kroatischen weniger Vokale zu geben. Wir haben auch Mühe, die Sprache zu entschlüsseln und bringen nach zwei Woche grad mal ein sauberes „dober dan“ (Grüezi) über die Lippen. Aber: Alle Kroatinnen und Kroaten sind sehr freundlich und zuvorkommend und können meist gut Englisch, ab und zu Deutsch und in Istrien auch Italienisch.
Unser nächstes Ziel: die Insel Pag. Eine traumhafte Küstenstrasse führt von Rovinj bis zur Fährstation in Prizna. Das Meer zur Rechten, die Dinariden (Dinarisches Gebirge) zur Linken. Unberührte und wunderschöne Natur soweit das Auge reicht. Mehr Meer geht nicht! Mit einer Fähre setzen wir nach 30 Minuten auf der Insel Pag über, welche auch als „Mondinsel“ bekannt ist (So muss es wohl auf dem Mond aussehen). Die Ostküste ist karg und schroff, voller Geröll und von den Winden malträtiert. Die Westküste bietet mehr Vegetation mit Eichen-, Olivenbäumen und Wachholdersträuchen. Pag gilt auch als das Ibiza von Kroatien – in der Hochsaison geht vor allem in den Orten Novalja und Pag die Post ab. Natürlich haben wir uns einen kleinen, feinen und ruhigen Platz im Norden der Insel gesucht, selbstverständlich unter einer Eiche, die sich mit einem grossen Olivenbaum befreundet hat – Meersicht inklusvie. Dieser Platz hat die maximale Punktzahl von uns bekommen (wer es genau wissen will, schreibt eine Mail an info@kunstbus.ch). Ein weiterer Vorteil der Insel Pag: Sie ist im Süden durch eine Brücke mit dem Festland verbunden. So gelangen wir nach eineinhalb Stunden nach Zadar, wo wir für zwei Nächte unserem VW California eine Pause gönnen und eine Wohnung in einem ruhigen Quartier gemietet haben; Wäsche waschen, alles wieder àjour bringen und einen Abend in Zadar geniessen, mit einem exklusiven Orgelkonzert und Sonnenuntergang am … natürlich am Meer. Orgelkonzert? Ja, der Architekt Nikola Bašić hat dort an der Uferpromenade eine Meeresorgel entworfen, die durch die Wellen und den Wind Töne erzeugt: einzigartig. Zadar ist eine grössere Stadt mit 75‘000 Einwohnern und bietet im Umkreis von zehn Kilometern viele Bademöglichkeiten. Wir entscheiden uns für die Sandstrände von Nin, der Sage nach einer der Lieblingsstrände einer Königin von Kroatien und ein Mekka für Kitesurfer.

Teil 4: Robinson Kruskô

Weiter gehts Richtung Süden. Noch nicht mal drei Minuten am Fahren, entdecken wir mitten in Zadar ein riesiges Ufo. Also sofort rechts wieder ins Quartier abbiegen, was der netten Frau im Navigations-System gar nicht gefällt: „bitte wenden, bitte wenden…“. Nichtsdestotrotz: Wir parken vor einer grossen Halbkugel und fragen uns, was es damit auf sich hat.
Nun muss man wissen, dass die Kroaten in vielen Ballsportarten grosse Meister sind. Ein Sohn Zadar‘s ist übrigens Luka Modrić, der bekannte Mittelfeld-Regisseur von Real Madrid. Und: Kroatien ist an der letzten Fussball-WM im Final knapp an Frankreich gescheitert. Und diese Halle? Basketball und Handball! Diese beiden Sportarten haben in Kroatien viele Anhänger und die National-Mannschaften reden darum in diesen Disziplinen immer ein Wörtchen mit, wenn es um Europa- oder Weltmeisterschaften geht. Voilà! Rätsel gelöst.
Wir steuern als nächstes Ziel die Insel Murter an, die zwischen Zadar und Sibenik liegt. Natürlich gehts auf der Küstenstrasse Richtung Süden – wir können uns immer noch nicht sattsehen an der traumhaften Landschaft. Rechts das Meer mit kleineren und grösseren Inseln, links sanfte Hügel und dahinter Bergketten. Alles sehr sauber und gepflegt. Keine Industrie weit uns breit – ausser in den grösseren Städten. Jetzt um diese Zeit im September hat es zudem wenig Verkehr auf der Küstenstrasse.
In Murter brauchen wir zwei, drei Anläufe, um den richten Platz zu finden. Die Theorie, dass im September alle Zeltplätze halbleer oder halbvoll sind, erweist sich leider erneut als falsch. Nun sind vor allem viele Rentner – meist mit grossen Wohnmobilen und Hund – und Familien – mit kleinen Kindern und mit kleinen Wohnmobilen und ohne Hund – oder Paare – mit und ohne Hund – unterwegs. Klingt kompliziert, ist aber so. Wir landen schliesslich auf einem traumhaften (ich weiss, das Wort habe ich mindestens schon zehn Mal benutzt) Platz in einer kleiner Bucht inklusive Restaurant direkt am Meer. Einziges Problem: Es sind alle Plätze belegt. Nach wiederholtem Nachfragen können wir uns trotzdem noch – auch dank unseres kleinen VW-Busses – unter einem Olivenbaum durchmogeln und stehen schattig und mit Meersicht perfekt für die nächsten drei Tage. So geht das mit dem Hotel California!

Ein Wort noch zu den Stränden: In Kroatien sind alle Strände öffentlich zugänglich und es wird viel Wert auf den Erhalt der Natur gelegt. Meist trifft man Kies- oder Felsstrände an, die aber immer einen guten Zugang mit einer Leiter/einer Treppe haben. Das Wasser ist glasklar und schimmert je nach Tageszeit grün-blau-türkis. Karibik made in Europe. Robison Crusoe hätte sich in Kroatien garantiert wohlgefühlt. Wir tun es ihm gleich, lassen die Seele baumeln und baden was das Zeug hält. Es bewährt sich, einzutauchen, draussen zu sein und den Gedanken freien Lauf zu lassen.
Vor Split liegen drei grosse und bekannte Insel: Brac, Hvar und Korcula plus eine kleinere, autofreie Insel (Vis). Wir entscheiden uns für die mittlere der drei grossen Inseln, die mit einer zweistündigen Schifffahrt auf der Autofähre verbunden ist. Abfahrtsort: Split, Abfahrszeit: 11.00 Uhr morgens. Das will gut organisiert sein. Nach kurzer Beratung planen wir eine Übernachtung in einem Ort, der etwa eine Stunde von Split entfernt ist, um dann ohne Stress am nächsten Tag einzuschiffen. Ohne gross zu googlen entscheiden wir uns für eine – na klar – kleine Insel im Ort Rogonizca.       Via  park4night finden wir einen privaten Zeltplatz mit genau einem (1) Stellplatz für einen kleinen Bus – der kleinste Camping-Platz der Welt! Fühlt sich an wie campen bei Freunden (FvF), aber alles bestens, mitten im Örtchen und zwei Minuten zum nächsten Strand. Auch Rogonizca wird von SeglerInnen stark frequentiert und wir nehmen es als Segler-Mekka wahr: Abends liegen die grossen und teuren Yachten eng nebeneinander – von romantischem Segler-Feeling und Privatsphäre keine Spur. Uns erinnert es an einen überfüllten Wohnmobil-Park, wo die grossen Wohnmobile dicht aneinandergepfercht stehen – helles Licht und zum Teil laute Musik von der Nachbars-Yacht inklusive. Wir schlendern zufrieden zu unserem ruhigen Schlafpaltz im Quartier und nehmen uns vor, früh aufzustehen, damit wir entspannt nach Split kommen.
Split ist die zweitgrösse Stadt Kroatiens und so fühlt es sich auch an. Breite Strassen, die durch die Agglomeration führen, Industrie an den Rändern der City und viel Verkehr. Zum Glück haben wir genug Zeit eingeplant, denn am Hafen wird es eng – verkehrstechnisch. Autos kreuz und quer, verschiedene Spuren, die zu diversen Fähren führen und jede Menge Touristen, die von den grossen Kreuzfahrtschiffen ausgespuckt werden. Alles etwas hektisch, aber irgendwann stehen wir dann in der Schlange für die Fähre nach Hvar. Die zweistündige Überfahrt ist kurzweilig, da man links und rechts Inseln à gogo präsentiert bekommt. Das Entleeren der Fähre geht dann ganz zügig – alle wollen raus und zwar sofort. Nach kurzer Fahrt erreichen wir den Camping Grebisce bei Jelza. Ein schattiger Platz neben Olivenbäumen und Fichten mit Sicht auf die Bucht – wir bleiben vier Tage und leisten uns den Luxus, nur einen kleineren Ort Vbroska und den bekannteren Ort Stari Grad zu besuchen.

Teil 5: In den Ferien Fähren fahren

Wer in der Schweiz wohnt und gerne ehrenwert Fähren fährt, kann leider nur auf ein beschränktes Angebot zurückgreifen. Ganz anders in Kroatien, wo die Fähren quasi ein anerkanntes öffentliches Verkehrsmittel sind und natürlich auch über die nötigen Kurs-Nummern verfügen. Wir haben uns vorgenommen, möglichst oft auch Fähren zu nutzen und sind dabei voll auf unsere Rechnung gekommen. Die Insel Hvar haben wir via Fähre von Split erreicht (siehe Teil 4). Verlassen möchten wir die Insel am anderen Ende der Insel in Sucuraj natürlich auch wieder mit der Fähre, um mit einer kürzeren Überfahrt nach Drvenik zu gelangen. Die Strecke von Jelsa ist zwar nur 50 Kilometer lang, das Navi veranschlagt aber eine Reise von 70 Minuten. Hä? Und diese 70 Minuten haben es in sich: Eine zum Teil sehr schmale und kurvenreiche Strasse ohne Leitplanken schlängelt sich durch die Insel. Rauf und runter durch Olivenhaine und Wälder, vorbei an kleinen Dörfern – meistens mit Meersicht. Weltklasse! Wie benommen erreichen wir dann den Fährhafen in Sucuraj und schiffen Richtung Festland ein. Schnell ist ein geeigneter Übernachtungsort gefunden und wir geniessen neben einem erfrischenden Bad auch einen einwandfreien Sonnenuntergang.
Am nächsten Tag wollen wir die Riviera von Makarska und den berühmten Strand „Punta Rata“, der vom amerikanischen Magazin „Forbes“ 2004 zu den zehn schönsten Stränden der Welt und zum ersten Europas eingestuft wurde, besuchen. Die Erwartungen sind dementsprechend gross – die Enttäuschung auch. Makarska ist eine grössere Stadt, die vor allem aus Hotels und Appartements zu bestehen scheint, die jetzt, Mitte September, nicht mehr so brummt wie jeweils im Sommer. Wir fahren weiter. Und der Strand? Hm – sehr viele Touristen, alles sehr eng und dicht bebaut – schon die Anfahrt zum Strand ist abenteuerlich schmal und es geht steil bergab. Ob wir wohl den richtigen Einstieg gefunden haben? Trotzdem: Wir entscheiden uns, den Reiseplan flexibel anzupassen und fahren bis nach Split weiter, wo wir zum ersten Mal die Autobahn nutzen, um wieder nach Sibenik zu gelangen. Unser Plan: Mit der Fähre nach Rab – der dritten Insel in der Kvarner Bucht. Von Sibenik geht es wiederum auf der bereits erwähnten Küstenstrasse hoch bis zum Fährhafen in Stinica. Wenige Fahrzeuge haben das gleiche Ziel – die lange Einspurstrecke kann aber nur eines bedeuten: In der Hochsaison muss die Fähre heiss laufen. Die Ostseite von Rab ist felsig kahl und man fragt sich bei der Landung der Fähre, warum Rab den Spitznamen „die grüne Insel“ bekommen hat. Bald trifft man aber auf eine üppige Vegetation mit viel Wald. Selbst einer der letzten Eichenwälder befindet sich auf Rab. Offizielle Campingplätze gibt es nur deren drei. Zwei davon sind schon etwas in die Jahre gekommen, einer ist ganz neu, aber inmitten dieser etwas stimmungslosen Bungalow-Siedlungen. Dreimal Nein! Wir machen aus der Not eine Tugend und übernachten privat in einem grossen Park bei einem sehr freundlichen Kroaten, der uns auch einiges über die Insel erzählt, notabene im ruhigsten und wohl entspanntesten Teil der Insel – in Kampor. Womit wir übrigens gar nicht gerechnet haben ist die rasche Dämmerung und der frühe Sonnenuntergang.
Um 19.30 Uhr ist bereits dunkle Nacht – der Kerzenkonsum steigt darum exponetial an. Kleiner Tipp: Viele Kerzen von zu Hause mitnehmen – wir mussten einige Supermärkte abklappern, um wenigstens Rechaudkerzen zu finden. Meist gibt es nur Grabmal-Kerzen in roten Plastikbehältern (diese dafür in jedem noch so kleinen Supermarkt). Die Zahl der noch offenen Restaurants nimmt um diese Jahreszeit auch schlagartig ab und so landen wir in der einzigen offenen Beiz (Konoba) von Kampor.
Was der Mistral im Rhonetal ist, ist die Bora (kroatisch Bura, slowenisch Burja) an der Dalmatischen Küste. Und Bora kann ziemlich aufdrehen, wenn sie will. Unser Gastgeber hat schon mal erwähnt, dass dann keine Fähren mehr fahren. Wir malen uns aus, wie wir auf Rab überwintern müssen und entschliessen uns darum, die Insel ganz im Norden in Lopar wieder Richtung Krk zu verlassen. Eine gut 80-minütige Überfahrt bringt uns über das brodelnde Meer – man würde es der Adria gar nicht zutrauen. Anfangs sitzen wir noch im Luv (dem Wind zugewandte Seite des Schiffs), aber schon wenige Meter nach der Hafenausfahrt wird klar: So wird diese Fährenfahrt kein Vergnügen. Im Lee können wir die rauhe See allerdings in vollen Zügen geniessen. Ganz unverhofft landen wir in Krk auf einem kleinen und feinen Campingplatz mitten in einem Olivenhain direkt am Meer. Der Platz ist nur über eine schmale Schotterstrasse zu erreichen; durch die natürliche Selektion befinden sich fast nur kleine Reise-Vans (vor allem VW-Busse, T3, T4, T5, T6) auf dem Platz. Die Stimmung ist dementsprechend locker und unkompliziert. Wir bleiben grad etwas länger da, obwohl es nun in der Nacht schon ziemlich frisch ist und wir bereits auch wieder die warmen Decken hervorholen. Und – man glaubt es kaum – zum ersten Mal in Kroatien werfen wir auch unsere Standheizung an. Sobald die Sonne wieder scheint, ist es angenehm. Baden im Meer ist nun nichts mehr für WarmduscherInnen. Haben wir bereits das natürliche Ende unserer Kroatien-Reise erreicht? Die Wetter-App nimmt uns die Entscheidung ab – eine Schlechtwetterfront lässt uns Richtung Triest fahren, wo wir die Gelegenheit nutzen, einen Tag in die Stadt einzutauchen. Trotz regnerischer Stimmung sind wir von Triest beeindruckt und positiv überrascht. Natürlich gönnen wir uns eine Pizza und auch wieder mal ein richtiges Bett, um gestärkt unser letztes Etappenziel – die Iseo-Seen anzufahren. Das Timing ist perfekt – die ganz Fahrt nach Iseo regnet es – zum Teil in Strömen. Bei unserer Ankunft in einem kleinen Camping mit Agritourismo zeigt sich bereits wieder die Sonne und wir blicken auf den See, welcher Christo im letzten Jahr mit einer grossen Kunstaktion berühmt gemacht hat. Wer den Gardasee kennt, kann sich in etwa vorstellen, wie die Umgebung am Iseo-See aussieht, einfach etwas weniger touristisch, aber nicht minder spektakulär. Von hier aus könnte man über Poschiavo nach Zernez fahren – wir machen einen schnellen Abgang via Mailand und Lugano und treffen ohne Stau in Zürich ein. Kroatien war viel mehr als eine Reise wert…

Chris unterwegs

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